Das Leipzig Research Centre Global Dynamics (ReCentGlobe) ist eine zentrale Einrichtung der Universität Leipzig. ReCentGlobe widmet sich in einer breiten interdisziplinären Kooperation der Untersuchung von Globalisierungsprojekten in Vergangenheit und Gegenwart. Am Zentrum arbeiten mehr als 250 Mitarbeiter:innen verschiedener Fakultäten und Fächer zusammen. Diese kooperieren bei der Aus- und Weiterbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Graduate School Global and Area Studies.
Das im Januar 2020 gegründete Forschungszentrum ReCentGlobe vereint das Spektrum der in Leipzig vertretenen Geschichts-, Raum-, Sozial- und Kulturwissenschaften: Beteiligt sind dabei Ethnologie, Geographie, Sozialpsychologie, Soziologie, Geschichts-, Medien-, Politik-, Rechts-, Religions- und Wirtschaftswissenschaften sowie die Afrikastudien, Amerikanistik, Arabistik und Islamstudien, Indienstudien, Japanologie, Nahoststudien, Lateinamerikakunde, Osteuropastudien, Sinologie, Südosteuropäische Geschichte. Das leitende Erkenntnisinteresse ist auf die historische Genese, die bestimmenden Merkmale und möglichen Zukunftsszenarien der gegenwärtigen Weltordnung gerichtet.
Ziel der Zusammenarbeit im Forschungszentrum ist ein besseres Verständnis der globalen Dynamiken, die immer wieder neu aufbrechen und damit die Überwindung eines Paradigmas, das Globalisierung als naturhaften Prozess versteht, der sich quasi ohne Alternativen von einem angenommenen globalen Zentrum her relativ rasch und umstandslos über den ganzen Planeten ausdehnt. Dem stellt ReCentGlobe die Annahme der Existenz einer Vielzahl von Globalisierungsprojekten gegenüber, die miteinander konkurrieren, kooperieren und Überschneidungen aufweisen, sich aber auch parallel und ohne größere Berührungen entwickeln oder sogar eine Entkopplung bestimmter transregionaler Verflechtungen anstreben. Typischerweise beanspruchen sie zwar, die Welt insgesamt entsprechend ihren Interessen und Wertvorstellungen zu globalisieren, beschränken sich in der Praxis allerdings häufig auf einen (mehr oder minder weit reichenden) transregionalen Ausschnitt, die für sie relevante „Welt“. Globalisierungsprojekte sind darauf gerichtet, die aus neuen Technologien entspringenden Möglichkeiten der Entgrenzung und der Verflechtung verschiedener Weltregionen zu nutzen. Globalisierungsprojekte lösen deshalb häufig Prozesse der Neuverräumlichung auf der Mikro- und Mesoebene einzelner Gesellschaften und auf der Makroebene des internationalen Systems aus, indem sie angestammte Grenzen überschreiten. Dies verbindet sich aber mit Bemühungen um gesellschaftlichen Zusammenhalt, neue Marktabgrenzungen und die Stabilität von Herrschaft, zuweilen sogar mit ausgesprochenen Souveränitätspaniken, die mit Grenzziehungen einhergehen. Deshalb finden sich unter den Effekten globaler Dynamiken neben Entgrenzungs- immer auch Reterritorialisierungstendenzen. Neben Globalisierungsprojekten mächtiger politischer, kultureller und ökonomischer Eliten werden auch Gegen- und Zukunftsentwürfe wirksam, die alternative Weltvorstellungen zum Ausdruck bringen.
Das besondere Profil der Universität Leipzig, die auf eine lange Tradition des Zusammenwirkens der Area Studies mit historischen Interpretationen und systematischen Ansätzen aus den Sozial-, Kultur- und Raumwissenschaften zurückblickt, erlaubt es Globalisierungsprojekte in verschiedenen Weltregionen zu analysieren. Hierfür bieten die Einzeluntersuchungen die nötige kritische Masse.