Das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Institut, das in zehn verschiedenen Bundesländern angesiedelt ist und dadurch auch die regionale Vielfalt gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland in den Blick nimmt. Zusammen werden die mehr als 100 Wissenschaftler:innen aus vielen verschiedenen Disziplinen mit empirischen Untersuchungen und großangelegten Vergleichen praxisrelevante Vorschläge erarbeiten, die dazu beitragen, gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Die Forscher:innen decken Aspekte wie Identitäten und regionale Erfahrungswelten, Ungleichheiten und Solidarität, Medien und Konfliktkultur, Polarisierung und Populismus, aber auch Antisemitismus und Hasskriminalität ab und erforschen diese im europäischen Vergleich und darüber hinaus.
Zum FGZ gehören, neben der Universität Leipzig, die Technische Universität Berlin sowie die Universitäten Bielefeld, Bremen, Frankfurt, Halle-Wittenberg, Hannover und Konstanz sowie das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen, das Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena. Die Geschäftsstelle des Instituts ist an den drei koordinierenden Standorten Bremen, Frankfurt und Leipzig angesiedelt.
Standort Leipzig
Die interdisziplinär besetzte Forschungsgruppe des FGZ-Teilinstituts am Research Centre Global Dynamics | ReCentGlobe besteht aus etwa 20 Wissenschaftler:innen, die in 14 Projekten die Vielfalt populistischer Bewegungen und Regimes sowie ihre Akzeptanz in den Bevölkerungen seit dem späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart untersuchen. Das Teilinstitut ist in das Research Centre Global Dynamics integriert.
Sie widmen sich Fragen nach der Vernetzung populistischer Bewegungen und ihren Reaktionen auf die zunehmende globale Verflechtung. Zusätzlich erforschen sie, welche Teile von populistischen Agenden durch andere politische Strömungen aufgegriffen werden und welche gesellschaftlichen Auswirkungen dadurch entstehen.
Globaler Kontext des Zusammenhalts
Dafür nutzen die Forschenden ein breites Spektrum an historischen, sozial- und kulturwissenschaftlichen Methoden. Dies umfasst global angelegte Vergleichsstudien, Umfragen, Fallstudien für das westliche und östliche Europa, die beiden Amerikas, das subsaharische Afrika und Ost-, Süd- sowie Südostasien mit der Absicht, die Entwicklungen in Deutschland in einen breiteren, letztlich globalen Kontext einzuordnen.
Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:
- Wie reagierten und reagieren Bewegungen, Parteien, Regimes auf historisch spezifische Konstellationen globaler Verflechtungen und wie stellen sie sich zu einem liberalen Entwurf von Globalisierung und Demokratie?
- Welchen Leitvorstellungen sollen das Gemeinwesen und die Demokratie entsprechen?
- Wie verflechten sich diese Bewegungen, Parteien und Regimes transnational und transregional, bilden Allianzen und lernen voneinander?
- Wie werden Teile dieser populistischen Agenden von anderen politischen Strömungen aufgegriffen und in das eigene Repertoire inkorporiert?
- Welchen Erfolg erzielen solche Agenden in den Bevölkerungen, warum und mit welcher gesellschaftlichen Wirkung?
Damit leistet der Standort Leipzig einen Beitrag zu allen drei Forschungsclustern des FGZ und verbindet die Suche nach der historischen Herausbildung, Veränderung und Durchsetzung von Theorien des gesellschaftlichen Zusammenhalts mit empirischen Untersuchungen zu aktuellen Gefährdungen dieses Zusammenhalts und einer global-vergleichenden Perspektive, die die untersuchten Fallbeispiele nicht isoliert, sondern in ihrer Verflechtung diskutiert.
Bedingungen der Globalisierung
Dieser Fokus wird vervollständigt durch die Mitwirkung der Leipziger Forschungsgruppe an der zunächst innerhalb Deutschlands regional vergleichenden Datenerhebung zu Indikatoren des gesellschaftlichen Zusammenhalts, am vielgestaltigen Wissenstransfer und der partizipativen Forschung mit Funktionsträger:innen, Lehrer:innen und Medienakteur:innen. Dabei wird das Ziel verfolgt, Vorschläge zur Neukonstituierung gesellschaftlichen Zusammenhalts unter den Bedingungen einer offenen, sich international vernetzenden und rasch wandelnden Gesellschaft zu formulieren.
Gemeinsam mit den Geschäftsstellen in Bremen und Frankfurt koordiniert und leitet Leipzig das insgesamt elf Standorte umfassende Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Teilprojekte
Forschungsprojekte des FGZ in Leipzig
- LEI_F_01 | Mediennutzungsstrategien und -kompetenzen. Wege zur Teilhabe an der digitalen Gesellschaft? (Projektleitung: Sonja Ganguin)
- LEI_F_02 | Einheit herstellen: Das Integrationsdispositiv und seine Begriffe in der deutsch-deutschen, britischen und französischen Gesellschaft im langen 20. Jahrhundert (Maren Möhring, Matthias Middell)
- LEI_F_03 | Wahrgenommene kollektive Handlungsfähigkeit als Treibmittel populistischer Bewegungen in bedrohlichen Zeiten? (Immo Fritsche)
- LEI_F_04 | Die gesellschaftliche Wahrnehmung und politische Verhandlung des Ziels gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ländern und Kommunen – Responsivität, Dialog und die Re-Konstitutionalisierung von Ordnung (Astrid Lorenz)
- LEI_F_05 | Öffentliche Leistungen und gleichwertige Lebensverhältnisse (Thomas Lenk, Mario Hesse)
- LEI_F_06 | Kulturelle und sozioökonomische Spaltung und Rechtspopulismus in der deutschen Gesellschaft (Holger Lengfeld)
- LEI_F_07 | Legitimationskrise der liberalen Demokratie und autoritäre Dynamiken (Oliver Decker)
- LEI_F_08 | Politischer Kulturwandel? – Legitimität der Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Zeiten verstärkten Populismus und steigender Islamablehnung (Gert Pickel)
- LEI_F_09 | Political populism in Southern Africa (Ulf Engel)
- LEI_F_10 | Rechtspopulismus und rechtsextreme politische Bewegungen in Frankreich und ihr Zusammenhang mit Entwicklungen im Maghreb und im östlichen Europa (Matthias Middell)
- LEI_F_11 | Raumsemantiken populistischer Diskurse im internationalen Vergleich (Ute Wardenga)
- LEI_F_12 | Kohäsion in der Krise. Empirische und intellektuelle Diagnosen eines prekären gesellschaftlichen Zusammenhalts in Europa seit 1945 (Dirk van Laak)
- LEI_F_13 | Der chinesische Traum als Alternative für Deutschland? Gesellschaftsalternativen auf dem Globalen Markt der Ideen (Elisabeth Kaske)
- LEI_F_14 | Die neue Affinität zu Putins Russland in Ostmitteleuropa (Frank Hadler)