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Die Berliner Rechtsanwältin, Antonia von der Behrens, die als Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess tätig war, geht in ihrem Vortrag auf die Rolle der Nebenklage im NSU-Prozess ein und gibt einen Ausblick, welche Rolle die Nebenklage zur Stärkung marginalisierter Perspektiven in der Rechtsprechung hat. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Interessierte sind herzlich willkommen!

Die Nebenklage, die insbesondere bei rassistisch und neonazistisch motivierten Straftaten eine Rolle spielt, prägte den NSU-Prozess wie kaum ein anderes Verfahren. Es waren laut Gericht 95 Nebenkläger:innen zugelassen, die durch 60 Anwält:innen vertreten wurden.

Dennoch soll die Nebenklage manchen Jurist:innen zufolge ein Fremdkörper in der Strafprozessordnung sein. Im Falle des NSU-Verfahrens wurde den Parteien der Nebenklage etwa vorgeworfen, den Prozess zu politisieren und in die Länge zu ziehen. Jedoch wird gerade von Betroffenen die Nebenklage als eine Möglichkeit verstanden, ihre Interessen in einem Strafverfahren durchzusetzen und ihrer Perspektive Gehör zu verschaffen. Sie ist vor allem dann von besonderer Relevanz, wenn die Interessen der Staatsanwaltschaft und der von der Tat Betroffenen auseinanderfallen und Letztere sich im Vorgehen der Bundesanwaltschaft nicht wiederfinden.

Wieso ist die Figur der Nebenklage zur Stärkung marginalisierter Perspektiven im Strafprozess nötig? Wäre der NSU-Prozess, ohne das aus der Beteiligung der Nebenkläger:innen gewonnene Erkenntnisplus, anders ausgegangen? Wie kommt es, dass den Vertreter:innen der Nebenklage die Politisierung des Prozesses zugeschrieben wird, während die deutsche Staatsanwaltschaft seit jeher als „objektivste Behörde der Welt“ bezeichnet wird?

Diesen und weiteren Fragen wird Antonia von der Behrens, Berliner Rechtsanwältin, die als Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess tätig war, in ihrem Vortrag nachgehen. Sie wird auf die Rolle der Nebenklage im NSU-Prozess eingehen und einen Ausblick geben, welche Rolle die Nebenklage zur Stärkung marginalisierter Perspektiven in der Rechtsprechung hat. Es soll dabei auch das Phänomen des institutionellen Rassismus in den Blick genommen und diskutiert werden, warum es wichtig ist, diese Fragen öffentlich zu behandeln, damit sich etwas ändert. In einer offenen Diskussionsrunde im Anschluss freuen wir uns, mit Ihnen über das Thema ins Gespräch zu kommen! Es moderiert Marie-Louise Reuter (FGZ Konstanz).

Die Veranstaltung findet online über Zoom statt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig.

Antonia von der Behrens ist Rechtsanwältin in Berlin. Im Rahmen des NSU-Prozesses war sie eine von 60 Anwält:innen, die Parteien der Nebenklage vertraten. Als Herausgeberin des Bandes „Kein Schlusswort. Nazi-Terror, Sicherheitsbehörden, Unterstützernetzwerk. Plädoyers im NSU-Prozess“, in dem sowohl Betroffene als auch deren Vertreter:innen vor Gericht zu Wort kommen, leistete sie einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Aufarbeitung des Verfahrens.

Marie-Louise Reuter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht von Professor Daniel Thym an der Universität Konstanz. In der InRa-Studie „Institutionen & Rassismus“ forscht sie im Teilprojekt Juristische Begrifflichkeiten von Rassismus in Institutionen und Typologien von Handlungsempfehlungen.